NachrichtenRatgeber

„Qualitätsatlas Pflege“ zeigt große regionale Unterschiede bei Versorgung in Thüringer Pflegeheimen

AOK PLUS fordert Nutzung von Routinedaten zur Weiterentwicklung der Versorgung

Die Menschen in Thüringer Pflegeheimen sind besser versorgt als in anderen Bundesländern. Dies ergab die Auswertung der Abrechnungsdaten von Pflege- und Krankenkassen für den Pflege-Report 2023 des Wissenschaftliche Instituts der AOK (WIdO), nunmehr veröffentlicht im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“. So lag der Anteil der Pflegebedürftigen im Heim, die 2021 eine problematische Dauerverordnung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln erhielt, im Freistaat mit 3,5 Prozent weit unter dem bundesweiten Durchschnitt von 7,6 Prozent. In der Einzel-Auswertung für die thüringischen Kreise variieren die Ergebnisse zwischen 1,2 Prozent in Jena und 10,6 Prozent im Landkreis Hildburghausen.

„Die dauerhafte Einnahme dieser Medikamente durch die älteren Menschen im Heim birgt erhebliche Risiken und kann zu einer deutlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen. Viele Studien zeigten, dass beispielsweise die Sturzgefahr deutlich steigt und dass die Schlaf- und Lebensqualität negativ beeinflusst wird“, betont Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK PLUS. „Die Auswertung der Verordnungsdaten macht deutlich, dass hier ein ernsthaftes Versorgungsproblem besteht, das regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.“

Große Spanne bei Klinikeinweisungen wegen Dehydration
Deutliche regionale Unterschiede zeigten sich auch bei weiteren analysierten Themen an der Schnittstelle zwischen Pflege und Gesundheitsversorgung: So hatten laut der Auswertung 3,7 Prozent aller an Demenz erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen 2021 in Thüringen einen Krankenhausaufenthalt, der durch unzureichende Flüssigkeitszufuhr verursacht war. Damit liegt der Freistaat bei diesem Indikator auf einem Niveau mit dem Bundesdurchschnitt von 3,8 Prozent. Auffällig sind die Ergebnisse der Regionen Kyffhäuserkreis, Weimarer Land, Eichsfeld, Gotha und Wartburgkreis mit deutlich höheren Klinik-Einweisungsraten aufgrund von Dehydration bei demenziell Erkrankten. Hier sticht der Kyffhäuserkreis mit dem thüringischen Spitzenwert von 9,9 Prozent besonders heraus. Den niedrigsten Wert hat die Stadt Jena mit 0,6 Prozent zu verzeichnen. „Der Qualitätsatlas Pflege macht derartige Informationen zu Problemen bei der Kooperation von Pflegeheim, Arztpraxis und Krankenhaus erstmals kleinräumig sichtbar“, so Rainer Striebel. Damit biete das Portal den Kranken- und Pflegekassen, aber auch den Verantwortlichen in den Regionen ab sofort die Chance, regionale Auffälligkeiten zu erkennen und gezielt anzugehen.

Zeitreihe zeigt positiven Trend bei Klinikaufenthalten am Lebensende
Beim Jahres-Vergleich zeigten sich für Thüringen bei den vielfach unnötigen Krankenhaus-Aufenthalten von Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern am Lebensende positive Entwicklungen. So sank der Anteil der Menschen, die in ihren letzten 30 Lebenstagen einen Krankenhausaufenthalt hatten, von 48,4 Prozent im Jahr 2017 auf 41 Prozent im Jahr 2021. Damit lag Thüringen 2021 knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt von 42 Prozent. „Abzuwarten bleibt, ob der Rückgang nur ein vorübergehender Trend infolge der gesunkenen Fallzahlen in der Corona-Pandemie ist“, merkt Rainer Striebel an. 

AOK PLUS: Routinedaten für bessere Versorgung nutzen
Aus Sicht der AOK PLUS können Routinedaten-Auswertungen die bisherigen Aktivitäten zur Verbesserung der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen sinnvoll ergänzen. Auch für die Weiterentwicklung des internen Qualitätsmanagements der Pflegeeinrichtungen und der gesetzlichen Qualitätssicherung in der Pflege sollten diese Auswertungen genutzt werden. „Mithilfe dieser ohnehin vorliegenden Daten lassen sich wichtige Aspekte der pflegerischen und gesundheitlichen Versorgung in den Pflegeheimen ohne zusätzlichen Erfassungsaufwand für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Heimen abbilden“, betont Rainer Striebel. Die Routinedaten-Auswertungen hätten den Vorteil, dass sich damit auch Schnittstellen zur Gesundheitsversorgung beleuchten lassen, zu denen es bisher keine systematischen und regelmäßigen Auswertungen gibt. „Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Pflegeeinrichtungen, den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und Kliniken ist jedoch eine wichtige Voraussetzung für eine gute Versorgung. Es ist absolut sinnvoll, das Potenzial dieser Daten zu nutzen, um die Versorgungsangebote vor Ort weiterzuentwickeln“, so Rainer Striebel. „Bisher scheitert dies oft an den Sektorengrenzen in der Versorgung. Wir als AOK PLUS setzen uns dafür ein, die Handlungsmöglichkeiten der regionalen Akteure für regionale Versorgungsangebote zu verbessern.“

Pflege-Report auf Landes- und Kreisebene
Die WIdO-Analysen für den Pflege-Report beruhen auf den Abrechnungsdaten der elf AOKs aus der Kranken- und der Pflegeversicherung. Insgesamt sind die Daten von rund 350.000 Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern ab 60 Jahren eingeflossen, darunter knapp 17.400 aus Thüringen. Im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ sind die Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer und für die rund 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland im regionalen Vergleich dargestellt. Die Ergebnisse können auch als Zeitreihen für die Datenjahre 2017 bis 2021 betrachtet werden.

Qualitätsatlas Pflege beleuchtet insgesamt zehn Indikatoren
Neben der Dauermedikation mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln, den Krankenhauseinweisungen von Demenzkranken aufgrund von Flüssigkeitsmangel und den vermeidbaren Krankenhausaufenthalten am Lebensende werden im Qualitätsatlas sieben weitere Themen betrachtet. Dies sind die fehlende augenärztliche Vorsorge bei Diabetes, das Auftreten von Dekubitus, die Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz, die gleichzeitige Verordnung von neun oder mehr Wirkstoffen, der Einsatz von für ältere Menschen ungeeigneter Medikation, die Häufigkeit besonders kurzer Krankenhausaufenthalte von bis zu drei Tagen sowie vermeidbare Krankenhausaufenthalte aufgrund von Stürzen.

Zum Qualitätsatlas Pflege: www.qualitaetsatlas-pflege.de

AOK PLUS – die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen.
Die AOK PLUS versichert mit rund 3,5 Millionen Personen über 57 Prozent aller gesetzlich Krankenversicherten in Sachsen und Thüringen. Aktuell kümmern sich 6.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitskasse um die Anliegen der Kundinnen und Kunden, um insgesamt rund 183.000 Arbeitgeber in beiden Freistaaten und überregional sowie um mehr als 40.000 Vertragspartner. Das Haushaltsvolumen 2023 für die AOK PLUS beträgt insgesamt 19,15 Milliarden EUR. Davon entfallen auf die Krankenversicherung 14,94 Mrd. EUR, die Pflegeversicherung 3,54 Mrd. EUR und auf den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz 0,67 Mrd. EUR.

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