Friedenstein Stiftung Gotha: Nachlass des Pfarrers Paul Baethcke übernommen
Bestand stellt wichtige Quelle zur Regionalgeschichte im Gothaer Landkreis dar
586 beschriftete Tafeln, 74 Tagebücher, 4000 Fotos und mehr. Die Sammlungen der Friedenstein Stiftung Gotha sind um einen wichtigen regionalgeschichtlichen Fundus reicher. Dabei handelt es sich um den Nachlass des Pfarrers und Heimatforschers Paul Baethcke (1850–1936), der unter anderem die Klosterruine Georgenthal und die Gründung und Auflösung des dortigen Zisterzienserklosters intensiv erforschte.
Der Nachlass von Paul Baethcke, den die Friedenstein Stiftung von Roland Scharff aus Georgenthal als Schenkung übernommen hat, umfasst neben Dokumenten – darunter Zeugnisse aus der Schul- und Studienzeit, Auszeichnungen und Ernennungsurkunden – auch eine Vielzahl von Tagebüchern, Fotos sowie beschriftete Tafeln zu seinen Reisen durch Europa und darüber hinaus. Die Materialien sind für die regionale Kultur- und Kirchengeschichte Thüringens bedeutsam und auch für die Erforschung der mittelalterlichen Klosterlandschaft von großem Wert.
In der Sammlung befinden sich zudem Dokumente über die Familie Baethcke, die seit 1700 Pfarrer und Gelehrte hervorbrachte. Der Bekannteste unter ihnen ist Baethckes Bruder Ludwig Hermann Baethcke (1848–1941), der ein bedeutender Lehrer und Mitglied der Lübecker Bürgerschaft war. Baethcke war der Deutsch- und Klassenlehrer von Thomas Mann. In seinem Roman „Die Buddenbrooks“ persiflierte Mann ihn als Oberlehrer Dr. Mantelsack.
Die Stiftung archiviert und konserviert die empfindlichen Materialien professionell und bewahrt sie so vor Verlust oder Zerfall. Auf diese Weise wird diese wichtige Quelle zur Regionalgeschichte im Gothaer Land Wissenschaftler:innen und auch nachfolgenden Generationen zugänglich. Der Nachlass ermöglicht nicht nur Einblicke in die lokale Denkmalpflege, sondern auch in die Verbindung zwischen Heimatforschung und weltweiter Kulturbegegnung.
Der wissenschaftliche Mitarbeiter und Kustode für den Bereich Ur- und Frühgeschichte Thomas Huck sagt: „Der Bestand beinhaltet ein umfangreiches Material, das für Forschungsvorhaben im Bereich der Reise- und Fotogeschichte, der frühen Form des Kulturtourismus, der kirchlichen Reisedidaktik sowie des transnationalen Austauschs im späten Kaiserreich und der Weimarer Zeit von großem Interesse ist.“
Besonderer Verdienst gebührt daher dem Georgenthaler Heimatforscher Roland Scharff, der die Unterlagen gerettet, aufbewahrt und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt hat.
Der Bestand stellt eine wichtige Quelle zur Regionalgeschichte im Gothaer Land dar und ergänzt somit die Exponate der musealen Sammlung der Friedenstein Stiftung Gotha in erheblichen Maßen. Auch die Gemeinde Georgenthal hat Baethckes Verdienste nicht vergessen. Eine Straße im Ort trägt seinen Namen.
Über den Heimatforscher
Paul Adolf Theodor Baethcke, 1850 in Reckenthin geboren und 1936 in Georgenthal verstorben, war evangelischer Pfarrer und Heimatforscher. Nach seinem Theologiestudium bekleidete er von 1877 bis 1890 das Amt als Pfarrer in Schwarzhausen, bevor er das Pfarramt in Georgenthal übernahm. Hier widmete er sich mit großer Akribie der systematischen Ausgrabung der Klosterruine des Zisterzienserklosters Georgenthal.
Während dieser Zeit veröffentlichte er zahlreiche Publikationen über die regionale Geschichte. Erschienen sind 1903 die „Gründung des Klosters Georgenthal“ sowie im Jahre 1924 die Schriften „Die Auflösung des Klosters St. Georgenthal“ und „Georgenthal in Thüringen“.
1918 wurde Paul Baethcke für seine Verdienste mit der Medaille für Kunst und Wissenschaft in Silber des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha ausgezeichnet. Im Anschreiben zur Verleihung des Ordens heißt es: „Seine Königliche Hoheit der Herzog haben ihnen gelegentlich Höchstseines Geburtstags die am grünsilbernen Bande zu tragende Medaille für Kunst und Wissenschaft in Silber zu verleihen geruht. Indem wir Ihnen anliegend den verliehenen Orden nebst Urkunde übersenden, sprechen wir gleichzeitig unseren Glückwunsch zu dieser Auszeichnung aus.“
Baethcke unternahm viele Reisen nach Frankreich, Italien, Griechenland, auf den Balkan und ins Heilige Land. Diese Reisen finden sich in seinen Tagebüchern wieder, wo er nicht nur Reiseeindrücke hinterlegte, Baethcke teilte auch seine Beobachtungen zur Landeskunde, Architektur, zu kirchlichen Traditionen und zeitgenössischen Gesellschaften.
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