100 Tage Bundesregierung: Wer die Alltagssorgen der Menschen nicht ernst nimmt, verspielt Vertrauen
- Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat die ersten 100 Tage der Bundesregierung aus Verbrauchersicht ausgewertet.
- Das neue Verbraucherschutzministerium hat wichtige erste Initiativen auf den Weg gebracht.
- Bei der Entlastung privater Haushalte angesichts der hohen Energie- und Lebensmittelpreise fehlen bisher effektive Maßnahmen.
Die Verbraucherpolitik der Bundesregierung ist noch ausbaufähig. Das ist die Zwischenbilanz der Verbraucherzentrale nach den ersten 100 Tagen. Vor allem mit der ausbleibenden finanziellen Entlastung privater Haushalte riskiert die Bundesregierung, das Vertrauen der Menschen zu verspielen. Gut vorgelegt hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, etwa mit der Verbraucherkreditrichtlinie und der Verlängerung der Mietpreisbremse.
„Die Bundesregierung muss endlich die Alltagssorgen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in den Blick nehmen und handeln. Ein einseitiger Fokus auf die Interessen von Unternehmen, wie etwa bei der Stromsteuer, enttäuscht Verbraucherinnen und Verbraucher. Wer die Stimmung der Menschen verbessern will, muss ihre Lage verbessern – ansonsten droht ein weiterer Vertrauensverlust. Die neue Bundesregierung hat in den ersten Monaten zu wenige konkrete Weichen gestellt, um den Verbraucherschutz zu verbessern. Bei vielen Themen lässt der erste Anstoß noch auf sich warten“, sagt Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. „Dass die Stromsteuer für private Haushalte nicht gesenkt wurde, ist ein klarer Wortbruch. Auch fehlen bislang effektive Maßnahmen, um die offenen und versteckten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln in den Griff zu bekommen. Und auf die dauerhafte Absicherung des Deutschlandticket warten wir bisher vergeblich.“
Das Verbraucherschutzministerium legt vor
Eine Reihe von Initiativen des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zahlen auf einen besseren Verbraucherschutz ein: Bald sollen strengere Regeln für die Kreditvergabe gelten, unter anderem auch für Buy-Now-Pay-Later-Kredite. Das kann insbesondere junge Menschen vor Überschuldung schützen. Und auch die Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2029 ist eine gute Nachricht.
Keine Entlastung von Verbraucher:innen
Die Bundesregierung hat die Senkung der Stromsteuer für Verbraucher:innen entgegen der Vereinbarung im Koalitionsvertrag nicht umgesetzt. Diese Maßnahme zur Entlastung aller privaten Haushalte war eines der zentralen Wahlversprechen der Koalitionsparteien. Mit den geplanten Subventionen für Gaskraftwerke könnten sich die Strompreise für private Haushalte stattdessen nun sogar erhöhen, falls die Kosten auf Stromkund:innen umgelegt werden. Damit würden die Strompreise weiter steigen, statt zu sinken – das ist Politik an den Lebensrealitäten der Menschen vorbei.
Die Lebensmittelpreise sind in den vergangenen fünf Jahren um 35 Prozent gestiegen. Diese Belastung wird von der Bundesregierung bisher noch gar nicht angegangen. Von der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie werden in erster Linie die Betriebe profitieren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert ein Maßnahmenpaket gegen versteckte Preiserhöhungen bei Lebensmitteln.
Zum Deutschlandticket bekennt sich die Bundesregierung zwar grundsätzlich, es bleibt aber eine Finanzierungslücke. Für Verbraucher:innen führt die wacklige Finanzierung zu Unsicherheiten. Die Bundesregierung muss sich für einen dauerhaften Fortbestand des Tickets einsetzen und das Ticket muss für alle bezahlbar bleiben. Nur so kann es einen nachhaltigen Beitrag zur Verkehrswende leisten.
Der Verbraucherzentale Bundesverband hatte zum Start der Bundesregierung zehn verbraucherpolitische Maßnahmen für die ersten 100 Tage vorgeschlagen. Eine Auswertung dieses 100-Tage-Programms und weiterer verbraucherpolitischer Maßnahmen finden Sie untenstehend zum Download.