Die diesjährige Grabung an der weltberühmten Fossilfundstelle Bromacker in Thüringen ist beendet und war ein voller Erfolg. Die Erforschung der neu gefundenen Ursaurier-Knochen und Kleinskelette, Spurenfossilien, Urzeitkrebse, Pflanzenabdrücke und Insektenflügel wird weitere Erkenntnisse über das Ökosystem am Bromacker vor 290 Millionen Jahren bringen. Über 2300 Besuchende nutzten die Gelegenheit, sich mit den Forschenden auszutauschen. Beteiligt an dem Projekt sind das Museum für Naturkunde Berlin, die Friedenstein Stiftung Gotha, die Friedrich-Schiller-Universität Jena und der UNESCO Globale Geopark Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen.
Ein internationales Forschungsteam, bestehend aus Expert*innen der Paläontologie, Geologie, geowissenschaftlichen Präparation, des Sammlungsmanagements und der Wissenschaftskommunikation, gräbt jedes Jahr vier Wochen lang am Bromacker, um neue, spektakuläre Funde aus der Urzeit zu bergen. Die Fossilien stammen aus der Zeit des Perm von vor 290 Millionen Jahren, lange bevor es die ersten Dinosaurier gab. Die außergewöhnlich gut erhaltenen Fossilien ermöglichen es, Rückschlüsse auf die Entwicklung früher Landwirbeltiere, Insekten oder Pflanzen in einem urzeitlichen Ökosystem zu ziehen. Eine außerordentlich hohe Funddichte und der oft hervorragende Erhaltungszustand der Fossilien machen den Bromacker zu einer weltweit einzigartigen und bedeutenden Fundstelle.
An der diesjährigen Grabung nahmen im Juli bis August knapp 50 Forschende teil und machten einen besonders erwähnenswerten Fund: ein kleines Fragment eines Schädels – ein Kiefer mit langen, dünnen, spitzen Zähnen. Die genaue Bestimmung dieses Fundes steht noch aus. „Die Präparation dieser teilweise nur wenige Millimeter großen Knochen ist eine Herausforderung, auf die ich mich in den nächsten Monaten besonders freue“, sagt Pia Kain, die geologische Präparatorin der Stiftung. Die Forschenden des Projekts werden nach der Grabung und Präparation die Objekte erneut begutachten, vermessen und erforschen.
Zu den besonders kleinen Fossilfunden gehören auch Muschelschalerkrebse (Conchostraken) und Wurzeln von Pflanzen, die Dr. Anna Pint an der Friedrich-Schiller-Universität Jena in den nächsten Monaten untersuchen möchte: „Conchostraken leben meist nur wenige Wochen in kleinen Pfützen und Tümpeln, wie sie nach Überflutungen von Flüssen zurückbleiben. Daher können sie uns, wenn sie gehäuft in den Gesteinen am Bromacker vorkommen, Überflutungsereignisse in Flusslandschaften der damaligen Zeit anzeigen. Dagegen weisen fossile Reste von Wurzeln auf Bereiche hin, die von Pflanzen besiedelt wurden und daher nur gelegentlich überflutet waren. Wiederkehrende Überflutungsereignisse geben uns Hinweise darauf, wie sich das damalige Klima entwickelt und verändert hat“, so Pint.
Insgesamt wurden dieses Jahr über 350 Funde zu Tage gefördert. Projekt- und Grabungsleiter Prof. Jörg Fröbisch, PhD. vom Museum für Naturkunde Berlin zeigte sich sehr zufrieden mit den Funden. „Die diesjährige Ausgrabung am Bromacker war wieder ein voller Erfolg und hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Die Funde beinhalten zahlreiche und vielfältige Spurenfossilien von Wirbellosen und Wirbeltieren, inklusive Lauf-, Schwimm-, Kratzspuren und Grabgänge“, sagt Fröbisch. „Durch die Entdeckung und Erforschung der gefundenen Ursaurier-Knochen und Kleinskelette, Spurenfossilien, Urzeitkrebse, Pflanzenabdrücke und Insektenflügel versprechen wir uns weitere Erkenntnisse über das gesamte Ökosystem am Bromacker vor 290 Millionen Jahren.“
Über 2300 Besuchende an der Grabungsstätte
Auch in diesem Jahr war die Öffentlichkeit eingeladen, den Forschenden bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen. Neben 13 ausgebuchten öffentlichen Führungen gab es zwei ganztägige Familienveranstaltungen. Insgesamt kamen über 2300 Besuchende am Bromacker vorbei und nutzten die Gelegenheit, sich mit den Forschenden auszutauschen. Erfreulicherweise wächst die Besucherzahl seit Jahren stetig an. „Wir sind begeistert, wie viele interessierte Menschen hier zu uns an den Bromacker kommen”, sagt Steffen Bock, Wissenschaftskommunikator vom Museum für Naturkunde Berlin. „Der Austausch mit ihnen ist uns sehr wichtig und wir versuchen den Besuchenden einen vertieften Einblick in unsere Arbeit zu geben.“
Bisherige Grabungserfolge
Seit 2020 wurden jährlich über 350 Funde dokumentiert und ein Großteil davon im Zeitraum zwischen den Grabungen bearbeitet und präpariert. Unter den bisher geborgenen Ursaurier-Funden konnten die Expert*innen auch zwei neue Arten früher Landwirbeltiere identifizieren und in diesem Jahr veröffentlichen: Bromerpeton subcolossus und Diadectes dreichgleichenensis.
Dr. Tom Hübner, Kustos der geowissenschaftlichen Sammlung an der Friedenstein Stiftung Gotha, schwärmt von den bisherigen Erfolgen des Projekts: „Inzwischen können wir zeigen, dass der Bromacker in den Bereichen Forschung, Tourismus und Bildung das gleiche Potential für Thüringen hat wie z.B. das Weltnaturerbe Grube Messel für Hessen oder die Himmelsscheibe von Nebra für Sachsen-Anhalt. Diesen Thüringer Schatz für alle Menschen zu erhalten und dauerhaft zu betreiben, ist unser großes Ziel. Wir freuen uns daher sehr, dass wir immer mehr Partner finden, die unsere Begeisterung teilen und uns auf diesem Weg unterstützen wollen.“
Auf dem Projekt eigenen Instagram-Kanal (Bromacker_Chroniken) gibt es weitere Eindrücke und Ergebnisse der letzten Grabungen und den aktuellen Stand der Forschung im Projekt. Zu entdecken ist dies alles auch im BROMACKER lab der Friedenstein Stiftung in Gotha.
Das Team schaut positiv in die Zukunft
Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung noch bis zum Sommer 2025. Zurzeit entwickelt das Projektteam eine Strategie, wie die Grabungen, Forschung, Kommunikation und Vermittlungsarbeit rund um den Bromacker auch zukünftig dauerhaft aufrechterhalten werden können.
Das diesjährige Netzwerktreffen zu Beginn der Grabungszeit beflügelte die Ideenschmiede für eine erfolgreiche Weiterführung des Projektes. Freunde und Förderer der letzten Jahrzehnte, der Stiftungsratsvorsitzende der Friedenstein Stiftung Gotha und Oberbürgermeister der Stadt Gotha, Knut Kreuch, sowie Vertreter*innen der Thüringer Staatskanzlei, Bürgermeister der umliegenden Gemeinden und des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz machten sich vor Ort ein Bild der Grabungsarbeiten und diskutierten gemeinsam über mögliche Zukunftsvisionen und Umsetzungsmöglichkeiten.