Thüringens Gesundheitsministerin Katharina Schenk: „Pflege stärken – Krankenhäuser nicht schwächen“
Im Bundesrat wurde heute das „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ diskutiert. Auf Antrag Thüringens wurde im Ergebnis der Vermittlungsausschuss angerufen. Dafür hatte sich die Thüringer Gesundheitsministerin Katharina Schenk mit Nachdruck eingesetzt.
In ihrer Rede begrüßte sie grundsätzlich das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz, warnte jedoch eindringlich vor einem spät eingefügten Zusatz (Artikel 13a), der erhebliche finanzielle Nachteile für die Krankenhäuser zur Folge hätte.
Kritik an spät eingefügtem Passus zur Krankenhausfinanzierung
„Das Pflegekompetenzgesetz ist ein wichtiger Schritt, um Pflegefachkräfte zu stärken, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen und Bürokratie abzubauen. Das bedeutet ganz konkret: mehr Zeit bei den Menschen, weniger Zeit für Papierkram – und das steigert die Attraktivität des Pflegeberufs erheblich“, erläuterte Schenk.
Irritierend sei jedoch die Warnung der Bundesgesundheitsministerin in dieser Woche gewesen, das Gesetz sei gefährdet:
„Es verwundert, wenn der Bund von einer Gefährdung spricht, während die Länder das Verfahren sogar beschleunigt und einer Fristverkürzung zugestimmt haben“, so Schenk. „Wenn das Gesetz wirklich schnell zum Abschluss gebracht werden soll, muss man sich fragen, warum auf den letzten Metern ein fachfremder Änderungsantrag eingefügt wurde, der eine tiefgreifende Veränderung der Krankenhausfinanzierung bedeutet.“
Konkret kritisiert Thüringens Gesundheitsministerin die neu aufgenommene Aussetzung der Meistbegünstigtenklausel für das Jahr 2026 (Artikel 13a): „Dieser Passus hat mit der Stärkung der Pflegekompetenzen oder dem Abbau von Bürokratie nichts zu tun. Er dient allein dazu, die gesetzlichen Krankenkassen finanziell zu entlasten – und das auf Kosten der Krankenhäuser.“
Folgen für die Kliniken wären gravierend
Durch die vorgesehene Begrenzung des Landesbasisfallwerts könnten Krankenhäuser steigende Kosten nicht ausgleichen. Dies würde sich nicht nur 2026 auswirken, sondern auch auf die Folgejahre fortschreiben.
„Unsere Kliniken arbeiten jetzt schon am Limit. Eine solche Regelung gefährdet ihre Existenz und damit die flächendeckende Versorgung – besonders im ländlichen Raum“, warnte Schenk. „Wir können keine Krankenhausreform vorantreiben, während wir gleichzeitig neue Finanzierungslücken aufreißen. Transformation braucht Planbarkeit. Es sollte im gemeinsamen Interesse der Länder und des Bundes liegen, dass die Krankenhäuser die nächsten vier Jahre finanziell planungssicher überbrücken können, bis die Krankenhausreform und die darin vorgesehene Finanzierungsumstellung greift.“
Dabei habe die Bundesregierung selbst erkannt, dass die Krankenhäuser dringend unterstützt werden müssten, und mit den Sofort-Transformationskosten in Höhe von vier Milliarden Euro im Koalitionsvertrag die richtige Entscheidung getroffen.
„Diese Mittel waren eine wichtige Entlastung. Es darf nicht passieren, dass mit einer anderen Maßnahme genau diese Wirkung wieder umgekehrt wird. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem klaren Ziel, Artikel 13a zu streichen, ist der einzig richtige Weg. Das gute Pflegekompetenzgesetz sollte nicht durch eine fachfremde Kürzungsmaßnahme beschädigt werden“, so Schenk.
Appell an die Bundesregierung: Keine Systeme gegeneinander ausspielen
In diesem Zusammenhang betonte Schenk, dass auch die Länder die finanzielle Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung sehen. Allerdings sei die vorgeschlagene Lösung ein falsches Signal:
„Ja, die GKV steht unter Druck – aber die Antwort kann nicht sein, die Krankenhäuser weiter zu schwächen. Wir dürfen die verlässliche und notwendige Finanzierung der Krankenhäuser und die Beitragsstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gegeneinander ausspielen.“
Zumal es andere Möglichkeiten gäbe, die GKV-Beiträge stabil zu halten, zum Beispiel durch das lange angekündigte Abschmelzen der versicherungsfremden Leistungen. Damit könnten die gesetzlich Versicherten um eine weit größere Summe – nämlich rund neun Milliarden Euro jährlich – entlastet werden. Was es braucht, ist eine nachhaltige und breite Finanzierungsstrategie.
„Ich fordere die Bundesregierung auf, eine Gesamtstrategie für die Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung zu entwickeln, die nicht auf Kosten der Kliniken geht“, so Schenk abschließend.
Zum Hintergrund:
Der Vermittlungsausschuss ist ein gemeinsames Gremium von Bundestag und Bundesrat. Er besteht aus 16 Mitgliedern des Bundestages und 16 Mitgliedern des Bundesrates (je ein Mitglied pro Bundesland).
Der Vermittlungsausschuss wird immer dann aktiv, wenn sich Bundestag und Bundesrat nicht auf den Inhalt eines Gesetzes einigen können oder wenn der Bundesrat zum Gesetz Änderungsbedarf sieht.
Demzufolge wird das Gesetz nicht sofort beschlossen, sondern zur weiteren Beratung an das Gremium überwiesen. Bundestag und Bundesrat verhandeln über einen Kompromiss – etwa über das Entfernen, Ändern oder Präzisieren einzelner Passagen – in diesem Fall die gewünschte Streichung des Artikel 13a.