Wie Brettspiele unsere Interaktionen verändern – Adam Davis Fernsbys Perspektive

Es gibt Journalisten und es gibt Journalisten, die über den Tellerrand hinausblicken. Adam Davis Fernsby gehört ganz klar zur zweiten Kategorie, denn der Mann lebt seine Leidenschaft. Für ihn sind Brettspiele nicht nur Karten, Würfel oder andere Spielutensilien, sondern ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur.

1989 in London geboren, hat er bereits in jungem Alter die Faszination des Spielens entdeckt. Später wurde daraus eine Berufung. Wie er selbst sagt, haben ihm sein Bachelor in Journalismus und sein Master in Game Design geholfen, Kultur und Spiel erzählerisch zu verbinden. In unserem Interview wollten wir von ihm wissen, ob und wie Brettspiele unsere Interaktionen verändern.

Spiele als Spiegel unserer Beziehungen

Adam Davis Fernsby lehnt sich gelassen zurück, als wir über die Bedeutung von Spielen sprechen. „Wenn man genau hinsieht, dann zeigt jede Spielrunde, wie Menschen miteinander umgehen.“

Er erinnert sich an seine Studienzeit an der University of London. Dort begann er, die Dynamiken am Spieltisch journalistisch zu beobachten. „Ich saß eines Abends in einem Pub in Camden und spielte mit einigen Freunden Catan. Plötzlich fiel mir auf: Wir verhandeln da nicht über Getreide oder Schafe, sondern es geht um Kooperation, Macht und Vertrauen. Das war einer meiner Aha-Momente.“

Seitdem schreibt Fernsby darüber, wie Brettspiele als kulturelle Ausdrucksformen wirken. Für ihn sind sie nicht viel anders als Bücher, Filme oder Serien. „Der Hauptunterschied ist, dass das Publikum direkt einbezogen wird.“

Vom Spielbrett zum Sozialphänomen

„Brettspiele sind Geschichten, die wir gemeinsam erzählen“, erklärt er. Dabei gehe es nicht nur um Sieg oder Niederlage. „In einem guten Spiel müssen wir immer wieder Entscheidungen treffen – wie im echten Leben.“

Er nennt Pandemic als Beispiel. „Das Spiel ist genial, weil es uns zwingt, zusammenzuarbeiten. Man gewinnt nur, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Während der Pandemie erlebte das Spiel ein regelrechtes Revival. Fernsby beobachtete, wie es neue Diskussionen auslöste. „Viele meiner Freunde begriffen, wie nah Spielmechanik und Lebensrealität beieinanderliegen.“

Klassiker vs. moderne Brettspiele

Wenn man Fernsby nach klassischen Spielen fragt, zieht er eine Augenbraue hoch. „Klar, Catan, Monopoly oder Risiko sind Ikonen. Aber sie erzählen eine Welt, die es so heute nicht mehr gibt. Die gesellschaftliche Realität hat sich verändert.“ Er lacht. „In Catan geht es um Rohstoffe. In Monopoly um Gier. In Risiko um Eroberung. Das war einmal das Bild vom Erfolg. Heute sehnen sich die Leute nach Kooperation, Nachhaltigkeit, Verbindung. Genau das spiegeln moderne Brettspiele wider.“

Ein Spiel, das ihn total begeistert, ist Detective. „Das ist fast schon investigativer Journalismus am Spieltisch“, sagt er augenzwinkernd. Unrecht hat er nicht, denn im Gegensatz zu Klassikern handelt es sich nicht um ein kompetitives Glücks- oder Strategiespiel, sondern um ein rein kooperatives Spiel. Gemeinsam versuchen alle Beteiligten, komplexe Kriminalfälle zu lösen. Dabei müssen sie gut zusammenarbeiten, damit ja kein Indiz im Dunkeln bleibt.

Die neue Generation des Spieldesigns

Fernsbys Blick richtet sich oft auf die Menschen hinter den Spielen. „Früher war das eine Nische. Heute haben wir internationale Stars, queere Stimmen, feministische Perspektiven. Das verändert, welche Geschichten wir spielen.“

Für ihn ist das Teil eines größeren kulturellen Trends. „Brettspiele sind nicht mehr reine Freizeitgestaltung. Sie sind Statements. Sie zeigen, wer wir sind und wie wir miteinander umgehen wollen.“ In Zukunft wird das noch viel deutlicher zu sehen sein.

Hybridspiele sind die Zukunft – aber das Holz bleibt

Natürlich kommen wir auch auf Technik zu sprechen. Wird das klassische Brett bald vom Bildschirm verdrängt? Adam Davis Fernsby schüttelt den Kopf und schaut uns ungläubig an. „Hybridformate, die physische und digitale Elemente kombinieren, sind auf dem Vormarsch. Doch das Rascheln der Karten und das Schieben der Holzfiguren – das können sie nicht so einfach ersetzen.“

Er sieht die Zukunft in einer sinnvollen Verbindung, nicht in einer kompletten Verlagerung. „Die digitale Welt kann Spiele bereichern. Das Anfassen, das gemeinsame Lachen über den Tisch hinweg – das ist das Herz des Spiels. Technologie kann hier unterstützend wirken, damit das Ganze noch intensiver wird.“

Gemeinschaft als Kern des Spiels

Zum Ende des Gesprächs wirkt Adam Davis Fernsby nachdenklich. „Ich glaube, wir unterschätzen, wie sehr Spiele Menschen verbinden. In einer Zeit, in der vieles digitalisiert ist, brauchen wir einen Ausgleich. Indem wir uns an einen Tisch setzen und miteinander reden, tun wir genau das.“

Er erzählt von einem Abend in einem Berliner Brettspielcafé. „Da saßen ein Anwalt aus Madrid, ein Lehrer aus Basel und eine Studentin aus Warschau – alle spielten gemeinsam Detective. Drei Stunden später lachten sie, als wären sie alte Freunde, die sich schon ewig kennen. Das ist die Magie von Spielen.“

Spielen ist Kultur

Zum Abschied wird Adam Davis Fernsby noch einmal philosophisch. „Brettspiele sind Kultur wie Filme und Musik. Sie erzählen Geschichten, nur eben durch Interaktion.“ Er lächelt und lehnt sich vor. „Ich sage das immer. Spiele verändern, wie wir miteinander umgehen. Sie machen uns zu aktiven Erzählern unseres eigenen Miteinanders.“ Unrecht hat er damit nicht.

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