Knapp 900 Euro für den Smart-Meter-Einbau: Verbraucherzentrale klagt erfolgreich gegen unangemessene Preise
Landgericht Halle gibt Klage der Verbraucherzentrale gegen die Mitteldeutsche Netzgesellschaft statt.
- Für den Einbau eines Smart Meters auf Kundenwunsch wollte der Anbieter im Januar 2025 bis zu 884 Euro kassieren
- Laut Gesetz wurde ein angemessener Preis damals bei 30 Euro für die Maßnahme vermutet
- Landgericht Halle: Preise waren um ein Vielfaches zu hoch
Das Landgericht Halle in Sachsen-Anhalt hat der Mitteldeutschen Netzgesellschaft (Mitnetz Strom) untersagt, für den gewünschten Einbau eines intelligenten Messsystems (Smart Meter) überhöhte Preise von bis zu 884 Euro von Kund:innen zu verlangen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte die Preise als völlig unangemessen kritisiert und gegen den Messstellenbetreiber geklagt.
Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands: „Wer sich freiwillig für einen Smart Meter entscheidet, darf nicht mit überhöhten und völlig unangemessenen Preisen für den Einbau konfrontiert werden. Das Urteil sendet ein klares Signal an die Branche, für den gewünschten Einbau der Geräte ausschließlich angemessene Preise abzurufen.“
Einbaupreis lag um ein Vielfaches über dem gesetzlich angemessenen
Seit Januar 2025 können Verbraucher:innen auf eigenen Wunsch ihren Stromzähler gegen einen Smart Meter austauschen lassen – gegen ein Entgelt. Das Gerät kann für Verbraucher:innen wichtig werden, die eine Photovoltaik-Anlage haben, mit einer Wärmepumpe heizen und/oder einen dynamischen Stromtarif nutzen wollen.
Für den Einbau der Geräte auf Kundenwunsch darf der sogenannte grundzuständige Messstellenbetreiber (in der Regel der Netzbetreiber vor Ort) ein angemessenes Entgelt verlangen. So sieht es das Messstellenbetriebsgesetz vor.
Die Mitteldeutsche Netzgesellschaft verstieß jedoch nach Auffassung der Verbraucherzentrale gegen das Gesetz, indem sie unangemessen hohe Preise forderte: Laut Preisblatt des Anbieters sollte ein gewünschter Smart-Meter-Einbau im Januar 2025 883,86 Euro kosten, wenn der Stromverbrauch im Jahr bei unter 3.000 Kilowattstunden liegt. Haushalte mit einem Jahresverbrauch zwischen 3.000 und 6.000 Kilowattstunden sollten 643,86 Euro an den Anbieter bezahlen.
Zu diesem Zeitpunkt galt für grundzuständige Messstellenbetreiber wie Mitnetz Strom, dass bei einem Einbau auf Kundenwunsch lediglich ein Betrag in Höhe von bis zu 30 Euro gesetzlich als angemessen vermutet wurde.
Wie oft Mitnetz Strom Verbraucher:innen zu den Preisen im hohen dreistelligen Bereich Kund:innen abkassiert hat, ist unklar.
LG Halle: Anbieter belegte Unangemessenheit selbst
Das Landgericht Halle folgte der Auffassung der Verbraucherschützer, dass die von der Mitteldeutschen Netzgesellschaft zu Jahresbeginn verlangten Preise unangemessen hoch waren. Das beklagte Unternehmen habe das nicht widerlegen können. Im Gegenteil: Da es den Einbau auf Kundenwunsch nur zwei Monate später für knapp 100 Euro anbieten konnte, habe es die Unangemessenheit der zuvor geforderten Beträge von knapp 644 und knapp 844 Euro selbst belegt. Diese Preise überstiegen auch die neu eingeführte gesetzliche Vermutungsregelung von 100 Euro um ein Vielfaches, so das Gericht.
Hintergrund: Ab Februar 2025 verschob eine Gesetzesanpassung den vom grundzuständigen Messstellenbetreiber einforderbaren angemessenen Preis für einen gewünschten Smart-Meter-Einbau auf 100 Euro. Mitnetz Strom passte im gleichen Zeitraum seinen Einbau-Preis auf 99,50 Euro an.
Urteil des LG Halle vom 21.08.2025, Aktenzeichen 8 O 17/25 – nicht rechtskräftig. Die Beklagte hat Berufung vor dem Oberlandesgericht Naumburg eingelegt (Az. 9 U 124/25).
Weitere Verfahren gegen die Westnetz GmbH und LEW Verteilnetz GmbH
Nach Erkenntnissen der Verbraucherzentrale haben auch andere sogenannte grundzuständige Messstellenbetreiber unangemessen hohe Preise für den Einbau von Smart Metern verlangt. Am 30. September wird vor dem Landgericht Bochum (Aktenzeichen I-18 O 20/25) eine ähnliche Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen die Westnetz GmbH verhandelt. Das Unternehmen forderte zum Jahresbeginn 2025 sogar bis zu rund 974 Euro pro Einbau – mehr als das 30-fache des Betrags, der nach Auffassung der Verbraucherschützer damals angemessenen war.
Ein weiteres Verfahren läuft vor dem Landgericht Augsburg gegen die LEW Verteilnetz GmbH (Aktenzeichen 083 O 2120/25). Der Anbieter verlangt laut seinem Preisblatt von Verbraucher:innen mit einem Jahresverbrauch bis zu 6.000 Kilowattstunden ein jährliches Zusatzentgelt in Höhe von 68,16 Euro für den Einbau eines intelligenten Messsystems auf Kundenwunsch. Dieser Betrag übersteigt die gesetzliche Vermutungswirkung von 30 Euro um mehr als das Doppelte. Einen Termin für eine mündliche Verhandlung gibt es in diesem Verfahren noch nicht.
Allgemeine Informationen zum Thema Smart Meter und was Verbraucher:innen dazu wissen müssen, befinden sich auf verbraucherzentrale.de.