Scheidung und Steuern: Was nach dem Ehe-Aus wichtig ist

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Neustadt a. d. W. (ots)

Rund 129.300 Ehen sind 2024 in Deutschland geschieden worden. Das hat jüngst das Statistische Bundesamt mitgeteilt und zudem auf rund 111.000 minderjährige Scheidungskinder im vergangenen Jahr hingewiesen. Aus und vorbei – aber nicht mit Blick auf die Steuer. Denn nach einer Scheidung, ob mit oder ohne Kinder, ist steuerlich gesehen einiges zu beachten. Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) klärt auf.

Lassen sich Scheidungskosten absetzen?

Kosten im Zusammenhang mit einer Scheidung, beispielsweise für Anwälte, das Gericht, Notare oder Sachverständige, können steuerlich nicht geltend gemacht werden. Bis 2012 war es möglich, solche Ausgaben als außergewöhnliche Belastung in der Steuererklärung einzutragen – doch 2013 wurde der entsprechende Paragraf im Einkommensteuergesetz geändert. Zwar folgten daraufhin zahlreiche Diskussionen und auch Gerichtsverhandlungen, aber schließlich zementierte der Bundesfinanzhof (BFH) das endgültige Nein zur Absetzbarkeit von Scheidungskosten (BFH-Urteil vom 18. Mai 2017, VI R 9/16).

Was bedeutet der Begriff Zugewinnausgleich?

Bei einer Scheidung ohne anderslautenden Ehevertrag wird der Zugewinn ausgeglichen. Das ist der Betrag, um den das Vermögen eines Ehepartners oder einer Ehepartnerin das Anfangsvermögen übersteigt. Verluste werden nicht berücksichtigt. Der Ausgleich sorgt dafür, dass beide am Ende gleich viel Zugewinn haben. Dieser ist für beide steuerfrei. Aber: Erfolgt der Zugewinnausgleich über eine Immobilie und wird diese an eine dritte Person verkauft oder dem Ex-Partner beziehungsweise der Ex-Partnerin übertragen, hängt es vom Zeitpunkt des Verkaufs oder der Übertragung ab, ob der mögliche Gewinn versteuert werden muss.

Was passiert beim Versorgungsausgleich?

Beim Versorgungsausgleich werden die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften hälftig aufgeteilt. Bei kurzen Ehen von weniger als drei Jahren und geringfügigen Anrechten wird der Versorgungsausgleich nicht automatisch durchgeführt, kann aber beantragt werden. Für die Besteuerung ist der Versorgungsausgleich in der Regel erst bei der Auszahlung von Bedeutung. Anders verhält es sich, wenn Zahlungen vorgenommen werden, um eine Kürzung der eigenen Versorgungsansprüche durch Übertragung zu vermeiden. In diesen Fällen ist neben der versorgungsrechtlichen auch eine steuerliche Beratung zu empfehlen.

Was ist Realsplitting mit Blick auf Unterhalt?

Dank des Realsplittings können geschiedene oder getrenntlebende Eheleute Unterhaltszahlungen steuerlich geltend machen – und zwar bis zu 13.805 Euro jährlich als Sonderausgaben. Der Betrag kann sich zudem um Krankenversicherungsbeiträge erhöhen. Der Sonderausgabenabzug der oder des Zahlenden muss jährlich in der Steuererklärung angegeben werden, wenn man den Steuervorteil nutzen will. Die Anlage U für die Erfassung von Unterhaltsleistungen muss jedoch nicht jedes Mal neu eingereicht werden, wenn die sogenannte Fortläufigkeit korrekt angegeben ist und nicht widerrufen wird. Dann profitiert der zahlende Part durch eine gegebenenfalls niedrigere Steuerlast. Hingegen muss der empfangende Part, der dem Realsplitting zustimmen muss, den Unterhalt als sonstige Einkünfte angeben und dadurch unter Umständen eine höhere Steuerlast tragen. Insgesamt kann das Realsplitting zu einer steuerlichen Entlastung des Ex-Paares sorgen, allerdings sollte das im Vorfeld genau abgewogen werden. Denn möglicherweise ist die oder der Unterhaltsleistende zum Nachteilsausgleich verpflichtet.

Wer muss wann die Steuerklasse wechseln?

Verheiratete Paare können ab dem Jahr der Hochzeit zusammenveranlagt werden. Das heißt: Sie geben eine gemeinsame Steuererklärung ab und profitieren vom Ehegattensplitting. Den Splittingtarif können Paare aber nur nutzen, wenn sie mindestens an einem Tag des betreffenden Jahres zusammengelebt, also „Tisch und Bett geteilt“ haben. Ist das nicht der Fall, zum Beispiel im Jahr nach der endgültigen Trennung, werden beide einzeln veranlagt. Ist das Ex-Paar kinderlos, kommen beide in die Steuerklasse I. Hat das getrennte oder bereits geschiedene Paar ein Kind oder mehrere Kinder, kommt es unter anderem darauf an, in wessen Haushalt der Nachwuchs gemeldet ist. Denn die- oder derjenige kommt unter Umständen in die Steuerklasse II für Alleinerziehende. Vorausgesetzt er oder sie lebt nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person und für das Kind oder die Kinder besteht noch Anspruch auf Kindergeld. Für den anderen Teil des getrennten Paares ohne ein im Haushalt gemeldetes Kind gilt dann die Steuerklasse I.

Wem steht der Kinderfreibetrag zu?

Der Kinderfreibetrag beträgt aktuell 6.672 Euro pro Kind und Jahr und wird grundsätzlich auf beide Elternteile jeweils zur Hälfte aufgeteilt. Hinzu kommt der Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) in Höhe von 2.928 Euro pro Kind und Jahr. Dadurch ergeben sich für Eltern insgesamt steuermindernde 9.600 Euro bei der Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2025, sofern dieser Steuervorteil höher ausfällt als das Kindergeld (Günstigerprüfung). Nach einer Trennung oder Scheidung gilt: Auch weiterhin werden bei beiden Elternteilen der Kinderfreibetrag und der BEA-Freibetrag zur Hälfte steuerlich berücksichtigt – ungeachtet davon, bei wem das Kind lebt. Allerdings kann der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind lebt, die Übertragung des BEA-Freibetrags beantragen. Der andere Elternteil kann jedoch widersprechen, wenn er ebenfalls Betreuungskosten trägt oder das Kind selbst regelmäßig betreut. Und: Kommt ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht zu mindestens 75 Prozent nach, dann werden dem betreuenden Elternteil der komplette Kinderfreibetrag und BEA-Freibetrag angerechnet.

Die VLH: Größter Lohnsteuerhilfeverein Deutschlands

Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) ist mit mehr als einer Million Mitgliedern und bundesweit rund 3.000 Beratungsstellen Deutschlands größter Lohnsteuerhilfeverein. Gegründet im Jahr 1972, stellt die VLH außerdem die meisten nach DIN 77700 zertifizierten Beraterinnen und Berater. Die VLH erstellt für ihre Mitglieder die Einkommensteuererklärung, beantragt sämtliche Steuerermäßigungen, prüft den Steuerbescheid und vieles mehr im Rahmen der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG.

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