Russischer Zupfkuchen – Der heimliche Star unter den DDR-Kuchen
Wer sich an die Kuchenzeiten in der DDR erinnert, denkt nicht zuerst an aufwendige Torten mit exotischen Zutaten. Vielmehr lebte das Kaffeetrinken von einfachen, aber ehrlichen Rezepten, die mit dem auskamen, was gerade da war – oder was man mit etwas Geduld und Beziehungen organisieren konnte. Und doch schaffte es ein Kuchen, sich in den 1980er Jahren heimlich zum Liebling auf vielen Kaffeetafeln zu mausern: der Russische Zupfkuchen.
Ein Kuchen zwischen Käsekuchen und Schoko-Rührteig
Der Russische Zupfkuchen ist ein echter Grenzgänger. Mit seinem schokoladigen Boden und den unregelmäßig gezupften Teigstücken auf der goldgelben Quarkfüllung sieht er aus wie ein Käsekuchen, der sich ein dunkles Sonntagskleid übergeworfen hat. Und genau das machte ihn so besonders. In einer Zeit, in der Backen vor allem pragmatisch sein musste, war dieser Kuchen ein kleiner Luxus – ein Hingucker, aber eben auch machbar mit DDR-Bordmitteln.
Herkunft und Name
Tatsächlich stammt der „Russische“ Zupfkuchen nicht aus Russland – der Name war eher eine fantasievolle Kreation. Der Begriff „zupfen“ bezieht sich auf die Technik, mit der man Teile des dunklen Teiges vom Boden abnimmt und in kleinen Stücken oben auf die Quarkmasse „zupft“. Das sah nicht nur dekorativ aus, sondern machte auch das Ausrollen und Dekorieren überflüssig – was viele Hausfrauen zu schätzen wussten. Der Name wirkte geheimnisvoll und war wohl auch ein wenig augenzwinkernd gemeint. In Wahrheit war der Kuchen eine ostdeutsche Erfindung – vielleicht nicht offiziell, aber in den Küchen der Republik.
Das Original-Rezept im DDR-Stil
Zutaten (für eine 26er Springform)
Für den Teig:
- 300 g Mehl
- 200 g Margarine (Butter war seltener – Margarine war Standard)
- 125 g Zucker
- 30 g Kakaopulver (kein Trinkkakao, sondern echter Backkakao)
- 1 Päckchen Vanillinzucker
- 1 TL Backpulver
- 1 Ei
Für die Quarkmasse:
- 500 g Magerquark
- 150 g Zucker
- 1 Päckchen Vanillinzucker
- 2 Eier
- 100 g Margarine (flüssig, aber nicht heiß)
- 1 Päckchen Vanillepuddingpulver (als Bindemittel – Stärke war Mangelware)
Zubereitung – Schritt für Schritt
Zuerst wird der Teig zubereitet. Dazu werden Mehl, Zucker, Vanillinzucker, Backpulver, das Ei sowie Kakaopulver in eine Schüssel gegeben. Die Margarine schneidet man in kleinen Stückchen dazu und verknetet alles zügig zu einem glatten Teig. Wer es rustikal mag, macht das mit den Händen – so wie früher. Der Teig kommt für eine halbe Stunde in den Kühlschrank, damit er sich besser verarbeiten lässt.
Nun wird die Springform eingefettet und zwei Drittel des Teiges darin als Boden und etwa 2–3 cm hoher Rand gleichmäßig angedrückt. Der Ofen kann jetzt auf 180 Grad Ober-/Unterhitze vorgeheizt werden.
Für die Füllung wird der Quark mit Zucker, Vanillinzucker, den Eiern, dem flüssigen Fett und dem Puddingpulver verrührt – ein Handmixer ist hier hilfreich, aber mit dem Schneebesen ging es auch. Die Masse wird auf den Teigboden gefüllt und glattgestrichen.
Jetzt kommt der Clou: Vom restlichen dunklen Teig zupft man kleine Stücke ab und verteilt sie wie „Flecken“ oder „Flocken“ über die Quarkmasse. Genau das gibt dem Kuchen sein charakteristisches Aussehen.
Anschließend kommt der Kuchen für etwa 55–60 Minuten auf mittlerer Schiene in den Ofen. Ist die Oberfläche leicht gebräunt und die Quarkmasse nicht mehr wackelig, darf er raus – und muss, ganz wichtig, gut auskühlen, bevor er angeschnitten wird. Warm würde die Quarkmasse noch zu weich sein.
Warum gerade dieser Kuchen?
Der Russische Zupfkuchen war deshalb so beliebt, weil er aus wenigen, erschwinglichen Zutaten bestand, aber dennoch optisch und geschmacklich Eindruck machte. Er war kein „Alltagskuchen“ wie ein Streuselkuchen vom Blech – sondern etwas Besonderes für Geburtstage, Feiertage oder Gäste. Seine lange Haltbarkeit war ein weiteres Plus: Eingepackt hielt er sich mehrere Tage und schmeckte oft am zweiten Tag sogar noch besser.
In vielen Familien wurde das Rezept individuell angepasst – mal mit etwas Grieß in der Quarkmasse, mal mit einem Schuss Zitronensaft, mal mit Rosinen (wenn man welche mochte). Aber der Kern blieb gleich: Schoko trifft Quark – und es wird gezupft!
Ein Stück gelebter DDR-Alltag
Heute erlebt der Russische Zupfkuchen eine kleine Renaissance – nicht zuletzt, weil er als Backmischung in den Supermarktregalen steht. Doch wer ihn einmal nach originaler Art selbst gemacht hat, mit echten Händen gezupft und auf dem Küchentisch serviert, weiß: In diesem Kuchen steckt mehr als Geschmack – da steckt Erinnerung drin. An Familienfeste, an Kaffeeduft in kleinen Küchen, an improvisierte Zutaten und an das große Talent, aus wenig etwas Köstliches zu machen.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde redaktionell von Gotha-Aktuell erstellt. Bei der Texterstellung kam unterstützend eine KI-Assistenz (ChatGPT von OpenAI) zum Einsatz.