Imposantes Werk ist im Foyer des Historischen Rathauses am Hauptmarkt zu sehen
Anlässlich des großen 1250-jährigen Stadtjubiläums von Gotha hat die Künstlerin Natali Schmidt auf einer Tafel eine einzigartige Bildchronik geschaffen. Im Mittelpunkt des 12-teiligen Werkes stehen 12 Persönlichkeiten und 50 Köpfe, wobei sechs Frauen und sechs Männer stellvertretend für die lebendige Stadtgesellschaft ausgewählt worden sind. Die großformatige Bildchronik-Tafel hat eine Größe von 2 Meter zu 4,50 Meter und ist angelegt in einem Stammbaum auf dessen Ästen herausragende Ereignisse der Stadtgeschichte erblühen. Eingefügt ist die Chronik in eine stilisierte Rahmung, die an steinerne Kunstwerke des Mittelalters, deren Bildsprache Geschichte erlesen lässt, erinnern soll.
Widmen wir uns der Darstellung, die von rechts nach links, und von unten nach oben aufsteigend zu lesen ist. Den überdimensionalen Mittelpunkt der gemalten Chronik bildet eine Frau. Wir nennen sie „Die Gotha“, die einem auf ihrem Schoß sitzenden Kind mit Gesten Halt vermittelt. Sie verkörpern das Wachstum der Stadt und die Verantwortung der Generationen für ein gedeihliches Miteinander der Gesellschaft. „Die Gotha“ ist umhüllt von einem blau-fließendem Gewand, das in seiner Darstellung an die Namensdeutung „villa gothaha“ erinnert, als ein „langsam fließendes Gewässer“. Nach diesem ersten Bildnis sind in den Ästen des Stammbaumes elf weitere Szenen der Stadtgeschichte angesiedelt. Sie sind chronologisch angeordnet und wachsen von der Wurzel zur Blüte. Den Anfang des Bildes zeichnet natürlich König Karl der Große, der am 25. Oktober 775 die Urkunde mit den sechs Höfen in „villa gothaha“ für das Kloster Hersfeld ausstellt. Ihm gegenüber tritt Markgräfin Elisabeth vor den Grimmenstein, von wo aus sie als „Domina von Gotha“, den silbernen Aufstieg der Stadt zur Residenz begründet. Den seit Jahrhunderten blühenden Handel in der geschäftstüchtigen Stadt symbolisiert Barbara Cranach geb. Brengebier. Die Frau des großen Malers Lucas Cranach und Tochter eines reichen Gothaer Ratsherren verkörpert in ihrer lebensfrohen Art den Wohlstand der Stadt über Jahrhunderte, der sich auf den Waidhandel gründet und dessen Ballen von ihr feilgeboten werden.
Der Marktplatz verbindet den alten Grimmenstein mit dem neuen Schloss, dem Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha schon zur Grundsteinlegung 1643 im Beisein seiner Baumeister den Namen „Friedenstein“ geben wird. Kaum ist der erste Stein gelegt, da sind auch Grundsätze für einen „Teutschen Musterstaat“ formuliert, da wird der Pädagoge Andreas Reyher beginnen eine wahrhafte erste deutsche Schulpflicht für Jungen und Mädchen durchzuführen, in der auch Schulgarten und Naturkunde unterrichtet werden. In diesem Schloss wird 1683 ein Hoftheater eingerichtet, in dem 1775 Conrad Ekhof als „Vater der deutschen Schauspielkunst“ das erste feste Hoftheater Deutschlands begründet. Die berühmte Hofkappelle zu Gotha bietet im 18. Jahrhundert auch Frauen eine Chance. Regina Schlick geb. Strinassachi wird hier 1786 als erste Dirigentin ein Orchester leiten und die Gitarre spielen. Gotha ist die Stadt der Versicherungsbanken, diesen Ruf hat sie Ernst Wilhelm Arnoldi zu verdanken, der 1818 die erste Handelsschule und zwei Jahre später die Versicherung ins Leben rief. Vor ihrer Staffelei sitzt Hannah Höch die „Grand Dame des Dadaismus“, die in Gotha geboren worden ist. Damit nie vergessen werden kann, welches Schicksal Gotha am Ende des II. Weltkrieges durch den Mut eines Österreichers erspart geblieben ist, weht am 4. April 1945 die weiße Fahne am Gothaer Rathaus, die Josef Ritter von Gadolla hissen ließ. Abgerundet in der Krone des Baumes wird die Bildchronik durch eine Frau, die auf der Balustrade am Hauptmarkt steht und vor ihr demonstrieren Menschen, denn sie symbolisiert „die Friedliche Revolution“, die Gotha in den Jahren 1989/90 gewaltig verändert hat. An der Wasserkunst blicken 43 Köpfe zu der mutigen Rednerin empor, damit im Bild den 12 Persönlichkeiten auch wirklich 50 Charaktere gegenüberstehen.
„Wir haben mit Natali Schmidt wirklich eine großartige Künstlerin in unserer Stadt, die es mit filigranem Zeichengeschick versteht Geschichte und Geschichten in beeindruckenden Szenen umzusetzen, so dass nicht nur der Sehende, sondern auch der Erkennende immer wieder von neuem begeistert ist“, zeigt sich Oberbürgermeister Knut Kreuch selbst begeistert von der neuen Bildchronik im Historischen Rathaus.