Neustadt a. d. W. (ots)
Wer wegen einer Krankheit Mitglied in einem Fitnessstudio werden muss, kann den Mitgliedsbeitrag eventuell von der Steuer absetzen. Doch die Hürden dafür sind sehr hoch. Das musste jüngst eine Steuerzahlerin erkennen, die ihren Mitgliedsbeitrag per Klage steuerlichen geltend machen wollte. Warum der Bundesfinanzhof und die Vorinstanzen dies ablehnten und in welchen Fällen der Mitgliedsbeitrag fürs Fitnessstudio vielleicht doch abgesetzt werden kann, erläutert der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH).
Finanzämter und Rechtsprechung mit sehr strengen Vorgaben
Nach dem Mitgliederrückgang während der Corona-Krise ist die Fitnessbranche seit 2022 wieder deutlich auf dem aufsteigenden Ast: Die über 9.000 kommerziellen Fitnessstudios in Deutschland kommen laut den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts zusammen auf mehr als 11 Millionen Mitglieder. Ob zum Muskelaufbau oder zur Gewichtsreduzierung, um einfach etwas fitter zu sein, nette Leute kennenzulernen oder zur sinnvollen Freizeitgestaltung – es gibt viele Gründe für den Besuch eines Fitnessstudios.
Manchmal empfiehlt aber auch der Arzt oder die Ärztin das Training im Fitnessstudio. Und wenn er oder sie das Ganze wegen einer Krankheit offiziell verordnet, lässt sich der Mitgliedsbeitrag unter Umständen von der Steuer absetzen. Allerdings sind die Finanzämter und die Rechtsprechung bei dieser Frage sehr streng. Es müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein, damit sich der Fiskus tatsächlich an den Kosten fürs Fitnessstudio beteiligt.
Voraussetzungen nur in absoluten Ausnahmefällen erfüllbar
Die Chance, dass das Finanzamt den Mitgliedsbeitrag fürs Fitnessstudio anerkennt und sich dieser dann steuermindernd auswirken kann, ist nur unter den folgenden Voraussetzungen gegeben, die beide erfüllt sein müssen:
- Es muss belegt werden, dass das Training im Fitnessstudio für die Linderung oder die Heilung einer Krankheit erforderlich ist. Dazu ist zunächst ein ärztliches Attest notwendig und anschließend noch eine amtsärztliche Bescheinigung. Diese Nachweise müssen vor Beginn des Trainings ausgestellt worden sein.
- Das Training muss nach genauer Einzelverordnung und unter Verantwortung eines Arztes oder einer Ärztin, eines Heilpraktikers oder einer Heilpraktikerin oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person stattfinden. Soll heißen: Die Übungen müssen regelmäßig unter ärztlicher oder krankengymnastischer Aufsicht erfolgen.
Fazit: Realistisch gesehen kann der Mitgliedsbeitrag fürs Fitnessstudio nur in absoluten Ausnahmefällen von der Steuer abgesetzt werden. Fahrtkosten für ein ärztlich verordnetes Funktionstraining, das beispielsweise in einem Fitnessstudio stattfindet, oder die Mitgliedschaft in einem Reha-Verein, der ein ärztlich verordnetes Training anbietet, werden schon eher vom Finanzamt als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Steuerzahlerin scheitert mit Klage vorm Bundesfinanzhof
Wie hoch die Hürden sind, damit die Kosten für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio steuerlich geltend gemacht werden können, musste jüngst eine Steuerzahlerin aus Niedersachsen erfahren. Ihr wurde Wassergymnastik als Funktionstraining ärztlich verordnet. Sie trat einem Reha-Verein bei, und dieser hielt die Kurse in einem Fitnessstudio ab. Deshalb wurde die Frau auch Mitglied in dem Fitnessstudio. Die Gebühren für das Funktionstraining wurden von der Krankenkasse übernommen. Den Mitgliedsbeitrag für das Fitnessstudio wollte die Frau ebenso wie die Kosten für den Reha-Verein von der Steuer absetzen.
Das zuständige Finanzamt erkannte zwar die Ausgaben für die Mitgliedschaft im Reha-Verein und die Fahrtkosten zum Funktionstraining an – nicht aber die Kosten für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und das Entgelt für einen Grundkurs dort. Weil beides nicht zwangsläufig entstanden sei. Das Niedersächsische Finanzgericht lehnte den Abzug als außergewöhnliche Belastung ebenfalls ab, und auch die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) brachte der Klägerin keinen Erfolg.
BFH: Mitgliedschaft im Fitnessstudio keine außergewöhnliche Belastung
Die Entscheidung, für ein ärztlich verordnetes Funktionstraining Mitglied in einem Fitnessstudio zu werden, sei in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens – und stelle somit keine zwangsläufig entstandenen Krankheitskosten dar, so das BFH-Urteil. Also könne der Mitgliedsbeitrag nicht als außerordentliche Belastung berücksichtigt werden. Zudem wies der BFH darauf hin, dass die Klägerin durch den Mitgliedsbeitrag die über das medizinisch indizierte Funktionstraining hinausgehenden Angebote des Fitnessstudios ebenfalls nutzen könne, beispielsweise Sauna und Schwimmbad (BFH-Urteil vom 21.11.2024, Az. VI R 1/23).
Übrigens: Deutlich einfacher als Beiträge für ein Fitnessstudio lassen sich Mitgliedsbeiträge für einen Lohnsteuerhilfeverein wie die VLH von der Steuer absetzen. Und zwar als Werbungskosten: bis zu 100 Euro in kompletter Höhe und bei Kosten über 200 Euro pauschal zu 50 Prozent, beispielsweise 150 Euro bei einem Mitgliedsbeitrag von 300 Euro. Die Höhe des jährlichen Mitgliedsbeitrags bei der VLH richtet sich nach den jeweiligen Jahreseinnahmen.
Die VLH: Größter Lohnsteuerhilfeverein Deutschlands
Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) ist mit mehr als einer Million Mitgliedern und bundesweit rund 3.000 Beratungsstellen Deutschlands größter Lohnsteuerhilfeverein. Gegründet im Jahr 1972, stellt die VLH außerdem die meisten nach DIN 77700 zertifizierten Beraterinnen und Berater. Die VLH erstellt für ihre Mitglieder die Einkommensteuererklärung, beantragt sämtliche Steuerermäßigungen, prüft den Steuerbescheid und vieles mehr im Rahmen der Beratungsbefugnis nach § 4 StBerG.