Richard Ruppel, der Urenkel des Mitbesitzers der Metallwarenfabrik Ruppel, wurde am vergangenen Montag in Gotha vom Beigeordneten Peter Leisner im Büro des Oberbürgermeisters empfangen und um einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt gebeten.
Obwohl er selbst nie zuvor in Gotha war, so ist ihm die Silhouette von Schloss Friedenstein wohlbekannt. Sie hängt als Porzellanstück seit Jahrzehnten in seinem Haus in Kalifornien, wo Richard Ruppel seit einigen Jahren lebt und als Professor für Englische Literatur lehrt. Hergestellt wurde die Miniversion des Gothaer Schlosses in der Porzellanfabrik der jüdischen Familie Simson. Diese ist in Gotha nicht nur für die von ihrer Suhler Verwandtschaft vertriebenen kultigen Motorräder, sondern auch für das sogenannte Porzellanschlösschen bekannt. Im markanten Wohnhaus von Julius und Clara Simson in der Friedrichstraße 19 lebte in ihrer Jugend und später als Witwe auch deren Tochter, Margarethe Simson, Richard Ruppels Großmutter. Richard kannte sie noch als Kind, hat sie aber als strenge und etwas angsteinflößende Dame in Erinnerung. Nach seinem Besuch in Gotha bringt er jedoch mehr Verständnis für seine Großmutter und deren Habitus auf. Schließlich entstammte sie einer der wohlhabendsten und einflussreichsten jüdischen Familien der Stadt. Mit ihrer Flucht in die USA rettete sie ihr Leben, war aber plötzlich mittellos. Wie ihr 1917 geborener Sohn Kenneth (Kurt) Ruppel sprach sie nie über ihre Herkunft und ihr Leben in Deutschland. Ihr 1931 verstorbener Ehemann Richard Ruppel war der älteste Sohn von Abraham Ruppel, dem Mitbesitzer der Metallwarenfabrik Ruppel.
Für seinen gleichnamigen Enkel hielt sein erster Besuch in Gotha viele Überraschungen bereit. So erhielt er vom Stadtarchiv, über das der Kontakt zustande kam, wichtige Dokumente seiner Vorfahren, die ihm beim Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft halfen. Außerdem bekam er von Gästeführer Uwe Adam eine eigens auf seine Familiengeschichte zugeschnittene Stadtführung. Richard war tief berührt und beeindruckt davon, dass die Gräber seines Urgroßvaters, seines Großvaters und zwei seiner Brüder sowie dessen Schwiegereltern noch auf dem jüdischen Friedhof erhalten sind. Darüber hinaus ist in Gotha sogar eine Straße nach seinem Urgroßvater benannt (Gebrüder-Ruppel-Straße). Viele markante städtische Gebäude, wie zum Beispiel die „Goldene Schelle“ am Hauptmarkt als Geburtshaus oder die direkt neben dem Prinzenpalais gelegene Augenklinik sind mit dem Namen Richard Ruppel verbunden. Dies sollte Beweis genug dafür sein, dass die einflussreiche und überaus angesehene Familie Ruppel prägend für die Gothaer Stadtgeschichte war.
Begleitet wurde Richard Ruppel von seiner Ehefrau, seiner Tochter und seinen Enkelkindern, sodass erstmals seit sehr langer Zeit wieder drei Generationen der Familie Ruppel in der Stadt zugegen waren. Ihren Besuch wird die Familie noch lange in Erinnerung behalten, fiel er doch mit einigen runden Geburtstagen zusammen. So jährt sich Richard Ruppel Seniors Geburtstag in diesem Monat zum 150. Mal, Richard Ruppel Junior begeht in wenigen Tagen seinen 70. Geburtstag und sein Enkel Sebastian feierte am 23. Juli 2024 in Gotha seinen 10. Geburtstag. Sichtlich gerührt und geehrt von der freundlichen Aufnahme ist sich Familie Ruppel jetzt schon sicher, dass dies nicht ihr letzter Besuch in Gotha gewesen ist, der Heimatstadt ihrer Vorfahren.