Für bestimmte Wählergruppen ein echter Verlust an Partizipationsmöglichkeiten
Erst seit diesem Jahr ist es möglich, dass bei Wahlen die öffentliche Bekanntmachung der vollständigen Wahlvorschläge mit den Namen aller Kandidierenden in digitaler Form ausreichend ist, um den formalen Anforderungen zu entsprechen. Dies macht ein Beschluss des Kreistages zur Änderung der Hauptsatzung vom 22.11.2023 möglich. Die Verwaltung führte seinerzeit aus, dass dies primär deshalb angestrebt werde, da bei den Veröffentlichungen über Print oftmals die Fristenwahrung ein Problem sei. Mit der Änderung auf die digitale Form sei man hier auf der „sicheren Seite“.
Sowohl in den Vorberatungen zu der Beschlussfassung als auch bei der Einbringung in der Kreistagssitzung wurde von mehreren Fraktionen, so auch der unseren, darauf hingewiesen, dass es eine signifikante Gruppe an Bürgerinnen und Bürgern gibt, die sich nicht über das Internet informieren (können), beispielsweise ältere Menschen, Menschen mit Einschränkungen oder jene ohne Zugang zu einem PC. Aufgrund dessen baten wir uns aus, dass bei den anstehenden Kommunalwahlen neben der formalen Bekanntmachung auf der Homepage des Landkreises, dennoch eine Veröffentlichung der vollständigen Wahlvorschläge im Amtsblatt erfolgen solle. Dies sagte der Landrat sowohl in bilateralen Gesprächen, in den Vorberatungen in den Ausschüssen als auch in der Kreistagssitzung im November 2023 zu. Im Kreisausschuss am 22.4. fragte unsere Fraktion erneut nach, wann mit der Bekanntmachung im Amtsblatt zu rechnen sei. Der Landrat versprach eine Information dazu im Termin des Kreiswahlausschuss am 23.4.. Doch auch hier wieder nichts dazu.
Passiert ist bis zum heutigen Tage leider nichts. Hätten wir gewusst, dass das so läuft, hätte unsere Fraktion ihre Zustimmung zu dem Beschluss nicht gegeben. Wir sind verärgert darüber, dass der Landrat sich nicht an seine Zusage gehalten hat. Wir erachten die fehlende Veröffentlichung der Wahlvorschläge im Amtsblatt als einen echten Verlust an Partizipationsmöglichkeiten für bestimmte Wählergruppen. In Zeiten schwindender Wahlbeteiligung und dem Beklagen des Verlustes demokratischer Haltungen keine gute Botschaft. Nur wer informiert ist, kann eine gute Wahl treffen! Nicht zuletzt ist es ein klarer Wettbewerbsnachteil für all jene Wahlvorschläge, die nicht so leistungsfähig materialbasierten Wahlkampf betreiben können – aber das nur am Rande.
Ob es nun ein bewusstes Unterlassen war oder auf interne Versäumnisse zurückzuführen ist, ist am Ende unerheblich. In jedem Falle trägt der Landrat als Behördenleiter dafür die Verantwortung. In Ordnung ist es allemal nicht.
Tanja Schreyer
Fraktionsvorsitzende
Kreistagsfraktion Freie Wähler Landkreis Gotha