Das Thüringer Arbeitsministerium hat erstmals einen Tarifvertrag für repräsentativ im Sinne des Thüringer Vergabegesetzes (§ 6 Abs. 4) erklärt und dies heute im Thüringer Staatsanzeiger veröffentlicht. Künftig gilt der Tarifvertrag Lohn/Ost des Baugewerbes als repräsentativ im Sinne des Thüringer Vergabegesetzes.
Damit sind Unternehmen, die Bauaufträge des Landes oder der Universitäten in Thüringen erhalten, ab einem geschätzten Auftragswert von 75.000 Euro (netto) verpflichtet, ihren Beschäftigten bei der Auftragsausführung mindestens den ihrer Eingruppierung entsprechenden Tariflohn gemäß dieses Tarifvertrags zu zahlen. Für die Kommunen und sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ist die Berücksichtigung des repräsentativen Tarifvertrags freiwillig.
Dazu die Thüringer Sozial- und Arbeitsministerin Heike Werner: „Das ist ein wichtiger Meilenstein für den Freistaat Thüringen und unterstreicht einmal mehr deutlich unseren Grundsatz: Für gute Arbeit muss es auch gute Löhne geben. Mir war es wichtig, gerade in einer so vergaberelevanten Branche wie dem Baugewerbe den ersten Tarifvertrag für repräsentativ zu erklären. Damit stellen wir sicher, dass im Ringen um das wirtschaftlichste Angebot bei der staatlichen Auftragsvergabe kein Lohnkostenwettbewerb zu Lasten der Beschäftigten stattfindet und tragen gleichzeitig zu einer Stärkung der Tarifbindung bei. Ich hoffe, dass nicht nur die Landesbehörden dieser Vorgabe folgen, sondern auch möglichst viele Kommunen und weitere öffentliche Institutionen.“
Der Tarifvertrag wurde 2021 zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sowie der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ausgehandelt. Die IG BAU ist Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der sich intensiv für die Verbesserung des Vergaberechts im Sinne der Beschäftigten einsetzt.
Der Bezirksvorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, erklärt: „Thüringen war 2019 das erste Bundesland mit einer innovativen Tariftreueregelung im Vergabegesetz. Ich freue mich, dass es jetzt den ersten repräsentativen Tarifvertrag gibt. Gerade im Bausektor muss Lohndumping und schlechten Arbeitsbedingungen der Riegel vorgeschoben werden. Weitere repräsentative Tarifverträge müssen folgen, damit das Tarifsystem gestärkt und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zurückgedrängt werden. Die tarifliche Bezahlung macht für Beschäftigte einen echten Unterschied!“
Bisher galt als Untergrenze bei öffentlichen Aufträgen der vergabespezifische Mindestlohn von aktuell 13,91 Euro. Künftig ist die Untergrenze bei Bauaufträgen des Landes Thüringen und der Thüringer Hochschulen 15,30 Euro pro Stunde für Beschäftigte ohne einschlägige Ausbildung. Anspruch auf den tariflichen Ecklohn in Höhe von zurzeit 21,67 Euro pro Stunde haben Spezialfacharbeiter/Baumaschinenführer mit mindestens einem Jahr Berufserfahrung, die selbstständig Facharbeiten ausführen.
Zwischen den Arbeitgeberverbänden im Baugewerbe und der Gewerkschaft IG BAU finden im Moment Tarifverhandlungen statt. Insofern ist in naher Zukunft mit einem weiteren Anstieg der Tariflöhne und damit auch mit weiteren Verbesserungen für die Beschäftigten im Baugewerbe zu rechnen, welche dann auch bei Beauftragung durch das Land zu berücksichtigen sind.
Die Unternehmen müssen für die Auftragsausführung ihre Beschäftigten nach ihrer Tätigkeit, Qualifikation und Erfahrung in eine der sechs Lohngruppen der TV Lohn/Ost eingruppieren. Die Eingruppierung richtet sich nach dem Bundesrahmentarifvertrag, der ohnehin allgemeinverbindlich ist und für alle Unternehmen im Bauhauptgewerbe gilt.
Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage des Thüringer Arbeitsministeriums unter: https://www.tmasgff.de/arbeit/arbeits-und-tarifrecht