Eine betagte Dame kehrt nach 77 Jahren an die Seite ihres Gatten zurück. Das kleine Ovalgemälde war auf unbekanntem Weg in der Nachkriegszeit verloren gegangen, nun hat es dank der Unterstützung des Freundeskreises zurück auf den Friedenstein gefunden.
Es handelt sich um das Pendant zu dem Brustbildnis eines alten Mannes, das ebenfalls um 1750 von dem Erfurter Künstler Jacob Samuel Beck (1715–1778) geschaffen wurde und in der Friedenstein-Sammlung verblieben war: Die unmittelbare Darstellung eines vom Alter gezeichneten Mannes in einfacher Kleidung, dessen tränengefüllter Blick ins Leere geht, berührt.
Bis 1946 gehörte zu diesem ergreifenden Bildnis ein Pendant mit der Darstellung einer alten Frau mit blauen Augen und einer Haube. Es handelt sich bei diesen beiden Bildern nicht um Porträts identifizierbarer Personen, sondern um figurative Bildnisstudien, bei denen das künstlerische Vermögen im Vordergrund steht – etwa die besondere Hässlichkeit oder das Alter eines Menschen darstellen zu können.
Das Gemälde der alten Frau tauchte ohne Kenntnis der Gothaer Provenienz unter falscher Zuschreibung als Bildnis eines Mannes im Kunsthandel auf. Die Forschungen der niederländischen Kunsthistorikerin Lilian Ruhe führten zur richtigen Identifizierung des Gemäldes mit Gothaer Provenienz und auch der korrekten Zuordnung der Dargestellten. Mit großzügiger und spontaner Unterstützung des Freundeskreises Kunstsammlungen Schloss Friedenstein Gotha e.V. gelang der Rückkauf. Dieser übernahm auch die Kosten für die notwendige Restaurierung. Momentan läuft noch der Spendenaufruf für die Neurahmung der Pendants, da sich die Originalrahmen nicht erhalten haben.
Klaus Kleinsteuber, der Vorsitzende des Freundeskreises Kunstsammlungen Schloss Friedenstein Gotha e.V. sagt: „Wir engagieren uns seit 2001 für den Erhalt und die Erweiterung der Gothaer Sammlungen. Highlights der Förderung sind für uns, wenn wir mit dazu beitragen können, die enormen Verluste an Kunstobjekten aus der Nachkriegszeit zu minimieren. So sind wir stolz auf unseren Beitrag, dass seit 2020 in jedem Jahr ein Verlustgemälde aus den Gothaer Sammlungen mit unserer Unterstützung zurück erworben konnte.“
Der Künstler Beck wurde in fürstlichen Kreisen insbesondere für seine Porträt- und Stillleben-Malerei geschätzt. Neben kirchlichen Würdenträgern gehörten vor allem Adelige aus dem thüringischen Raum zu seinen Auftraggebern. Hierzu zählte Gustav Adolf Graf von Gotter (1692 – 1762), der vielfach von Beck porträtiert wurde und der diesen auch für die Ausführung von dekorativen Arbeiten für den Umbau von Schloss Molsdorf beauftragte. Möglicherweise gelangten in diesem Zusammenhang auch die beiden Charakterbildnisse nach Molsdorf, bevor sie im frühen 19. Jahrhundert in die Gemäldesammlung von Schloss Friedenstein integriert wurden.
Die Bedeutung dieses Rückkaufs darf hoch eingeschätzt werden, wie Dr. Timo Trümper, Direktor der Abteilung Wissenschaft und Sammlungen, betont: „Der geglückte Rückgewinn mit Unterstützung des Freundeskreises komplettiert nach so vielen Jahrzehnten nicht nur wieder ein aus zwei Bildnissen bestehendes Gesamtkunstwerk, sondern führt auch die Schwierigkeiten einer korrekten kunsthistorischen Einordnung vor Augen, wenn der ursprüngliche Zusammenhang verloren geht. Möglicherweise blickt zukünftig der alte Mann nicht mehr so trübsinnig aus seinem Bild heraus, sondern erfreut sich über die Rückkehr seiner so lange vermissten und nun wieder korrekt bezeichneten Gattin.“
Ab Frühjahr 2024 können sich die Besucherinnen und Besucher in den historischen Schlossräumen selbst ein Bild des alten Paares machen.